Hoffnungsschimmer

Vielleicht dient das dem besseren Verständnis des Wissenschaftsförderungsgesetzes
taz nord, 9.5.09
Blockade von oben
UNI-KONFLIKT Der gewählte Dekan für Geisteswissenschaften muss noch
von der Uni-Präsidentin bestätigt werden. Die soll das aber schon im
Vorfeld ausgeschlossen haben
VON MICHAEL DREISIGACKER
Die Sitzung dauerte länger als geplant, aber am Ende stand die
Entscheidung: Hans-Martin Gutmann soll neuer Dekan der Fakultät für
Geisteswissenschaften an der Hamburger Uni werden. Der Fakultätsrat
hatte sich am späten Mittwochnachmittag einstimmig dafür entschieden.
Nun muss noch das Präsidium der Uni zustimmen.
Dies gilt allerdings als ungewiss. Denn der Gewählte bewegt sich
inhaltlich auf Konfrontationskurs mit der Präsidentin Monika Auweter-
Kurtz. In seinem Bewerbungsschreiben profiliert sich der Theologe als
Anhänger des humboldtschen Wissenschaftsideals. Er möchte die
demokratische Entscheidungsstruktur stärken und bemängelt deutlich die
Politik der Zentralisierung und Ökonomisierung, die seit dem
Amtsantritt von Auweter-Kurtz vorangetrieben wird. Ebenso will Gutmann
die neuen Bachelor-Studiengänge einer Prüfung unterziehen.
Wie aus einem der taz vorliegenden Papier aus dem Fakultätsrat
hervorgeht, hatte Auweter-Kurtz schon im Vorfeld versucht, die Wahl
Gutmanns zu verhindern. Nachdem sich eine eingesetzte
Findungskommission mit großer Mehrheit für den Theologen aussprach,
soll die Präsidentin in einem Gespräch deutlich gemacht haben, dass
sie den Kandidaten nicht bestätigen werde. Sie bevorzuge eine
Professorin, die wie sie aus Baden-Württemberg kommt. In der
Findungskommission, an deren Sitzungen auch Auweter-Kurtz teilnahm,
hatte die externe Kandidatin die Mehrheit weit verfehlt. Kurz vor der
Wahl am Mittwoch zog sie ihre Kandidatur zurück.
In dem Papier heißt es weiter, Auweter-Kurtz habe nach Bekanntwerden
des Kommissionsergebnisses mitgeteilt, die Fakultät müsse der Uni-
Leitung 1,4 Millionen Euro zurückzahlen. „Diese Summe kam aus heiterem
Himmel“, heißt es aus dem Fakultätsrat. Das Präsidium habe versucht,
mit diesem „Schreckgespenst“ die Einheit der Fakultät zu beschädigen,
so die Vermutung. Als Reaktion auf die Forderung habe die von Auweter-
Kurtz eingesetzte Übergangs-Dekanin bereits angeordnet, Stellen zu
benennen, die gestrichen werden können.
„Nötigung“, nennt das ein Mitglied des Fakultätsrats. Nachdem die
Präsidentin vor zwei Jahren alle Mitarbeiter anwies, Presse-Anfragen
nur noch nach Abstimmung mit dem Präsidium zu beantworten, scheint ein
regelrechtes Klima der Angst an der Uni zu herrschen. Das
Fakultätsmitglied meldet sich nur über einen Kontaktmann und mit
unterdrückter Nummer. Es sei „verheerend“ für das
Demokratieverständnis junger Menschen, wenn Basis-Entscheidungen
ignoriert würden und von oben signalisiert werde, „man hat eh‘ nichts
zu melden“, sagt das Mitglied.
Der Fakultätsrat, dem Studierende, Professoren und sonstige
Mitarbeiter angehören, ist das letzte verbliebene Gremium, in dem
Studenten in den Fakultäten mitentscheiden dürfen. Die
Fachbereichsräte existieren seit dem Inkrafttreten des letzten
Hochschulgesetzes nicht mehr.
Für die Bestätigung Gutmanns ist dem Präsidium keine Frist gesetzt.
Der Gewählte selbst hofft, dass bald eine Entscheidung fallen wird,
geht aber nicht davon aus. „Die werden das aussitzen“, sagt Gutmann.
Bestätigt die Präsidentin den gewählten Dekan nicht bis Oktober, kann
sie einen weiteren Übergangs-Dekan einsetzen. Weder vom Präsidium noch
von der Pressestelle der Uni war am Freitag eine Stellungnahme zu
erhalten. Laufende Verfahren könne man nicht kommentieren, hieß es.
http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2009%2F05%2F09%2Fa0051&cHash=2c21b2eb80

Wissenschaftsförderungsgesetz

Das, was einmal schlicht „Hochschulgesetz“ hieß, wird zum Wissenschaftsförderungsgesetz – so wie es auch Tourismusförderung gibt. Schon dass ein Gesetz als „förderlich“ bezeichnet werden muss, darf skeptisch stimmen. (Sind Gesetze nicht immer in einer Demokratie so angelegt, dass sie das Zusammenleben, -handeln, -arbeiten fördern). In der forschen Überschrift kingt die Defensive an, die schlichte unbegründete Behauptung, dass das Gesetz der Wissenschaft zu gute komme. 
Das Präsidium wird vom Hochschulrat gewählt. Dies ist kein universitäres Gremium, ist auch nicht unbedingt in den Prozess der Freiheit von Forschung und Lehre involviert. Freiheit meint frei von von außen aufgegebenen Erkenntniszielen und deren Umsetzung. Aber genau das war als nie erreichtes Ideal immerhin anstrebenswert und in diesem Streben treibende Kraft der Innovation. Leicht umwegig manchmal.
 Im neuen Förderungsgesetz steht zur Vermeidung von Umwegen:
§ 3 Absatz 8:
„(8) Die Hochschulen wirken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben untereinander, mit Hochschulen anderer Bundesländer, mit sonstigen Forschungs- und Bildungseinrichtungen des In- und Auslandes sowie entsprechend ihrer Aufgabenstellung mit der Wirtschaft und beruflichen Praxis zusammen und fördern den Wissens- und Technologietransfer.“
Es sind eklatante Eingriffe in die Berufungsverfahren demnächst möglich: Berufungen von Professoren können direkt vom Präsidium ausgehen. Bisher wurde zumindest die Liste von in den jeweiligen Diskursen Kundigen erarbeitet und zur Abstimmung in der Fakultät vorgelegt. Demnächst kann das Präsidium ihm genehme Professorinnen und Professoren berufen und sie vieleicht anschließend zu Dekanen ernennen.
Die Autonomie der Hochschulen ist in Gefahr und damit ein Potential zur dauernden Befragung und Erneuerung einer demokratischen Gesellschaft. Die Ängstlichen und nach Gewissheit Strebenden, die unmittelbar Effekte sehen wollen, die zählbar sind, jene ordentlichen risikoscheuen Menschen, die als Warnende sicher immer wieder gebraucht werden, sind auf dem Weg zu einer großen Machtfülle.