Neues aus dem Christlich-Abendländischen Kulturkreis

KStA, 08.09.16

MANIFEST

Lehrerverband sieht Verrohung des Umgangs

Auf den Schulhöfen verbreite sich zunehmend eine aggressive, hasserfüllte Sprache, sagt die Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbandes BLLV, Simone Fleischmann. Der Verband schlägt darum Alarm und hat ein Manifest geschrieben. „Wir beobachten mit größter Sorge, wie sich die Stimmung, die Kommunikation in den sozialen Netzwerken und die alltäglichen Umgangsformen in unserer Gesellschaft verändern“, heißt es in dem Manifest mit dem Titel „Haltung zählt“. „Diese Verrohung des Umgangs wirkt sich auch auf unsere Kinder und Jugendlichen aus.“ Und: „Extreme Gruppierungen und Personen, insbesondere Repräsentanten der Rechtspopulisten und Rechtsextremen, tragen zu dieser Verrohung des Umgangs maßgeblich bei.“
Lehrer beobachteten bei ihren Schülern inzwischen eine „zunehmende Aggressivität gegenüber Andersdenkenden, Ausländern und Flüchtlingen“, sagt Fleischmann – und das gelte nicht nur in Bayern, sondern bundesweit.

Kommentar

Lehrer stellen sich gegen eine Sprache des Hasses

Sprengstoff mit Langzeitfolgen

Lehrer stellen sich gegen eine Sprache des Hasses
Sprache ist eine besonders heimtückische Waffe. Man kann Menschen an Flughäfen oder vor Konzerten nicht abtasten, ob sie gemeingefährliche Gedanken bei sich tragen. Sprengstoff bietet Sprache dennoch – mit Langzeitfolgen. Seit jeder im Internet ungefiltert seinen Hass herausposaunen kann, hat sich unsere Sprachkultur schleichend verändert. Die Schwellen sind niedriger geworden, zu beleidigen, herabzuwürdigen, zu pöbeln.
Wenn nun also Lehrer mit Sorge beobachten, dass die Schüler sprachlich verrohen, ist das kein reines Schul- sondern ein Gesellschaftsphänomen. Und zwar auch das Resultat einer Mediengesellschaft, in der Draufhauen oder Abfeiern tausendmal mehr Klicks bringen als differenziertes Abwägen oder Nachdenken. Wundert es irgend jemanden, dass Kinder und Jugendliche besonders anfällig für solche Vereinfachungen und Provokationen sind?
Fiese Kommentare, hämische Bemerkungen, tendenziöse Nachrichten und Bilder – all das droht gerade Normalität zu werden, über die man bestenfalls die Schultern zuckt. Die üblichen unflätigen Netz-Trolle halt. Doch der Aufschrei der Lehrer zeigt: Das ist längst kein Nischen-Phänomen einiger Radikaler mehr.
Die Schulen müssen hier gegensteuern, das ist klar. Aber wie? Sich gegen einen gesellschaftlichen Trend zu stellen, ist eine Sisyphos-Aufgabe. Es ist für viele Lehrer schon unerträglich, die täglichen Beschimpfungen und Hass-Attacken überhaupt auszuhalten – egal ob sie ihnen selbst gelten oder Kollegen und Mitschülern.
Insofern wirkt das Manifest des Bayerischen Lehrerverbands genauso hilflos, wie es ist. Es ist wohl trotzdem der einzig mögliche Weg, die Öffentlichkeit aufzurütteln.
VON KERSTIN MEIER