Topologie der Universität
Editorial des KVV Medien & Bildung, Wintersemester 2003
Eine Pfeife, ein leerer Teller, eine Flasche Sherry (Medium Dry), ein Fisch, ein Werkzeug, ein Reagenzglas, Erlenmeier-Kolben, um genau zu sein … ? mit der Ausgabe zum Wintersemester 2003/04 unterbrechen wir die medienphilosophischen Illustrationen des prioritären Themas der Hamburger Lehrerbildung. In diesem Semester werden pragmatische Dinge im Vordergrund stehen.
Prioritäres Thema: Sanierung VMP 8
Das Medienzentrum muss sich auf etwa die Hälfte der sonst im Von-Melle-Park 8 zur Verfügung stehenden Fläche zurückziehen. Es wird eng. Ausweichmöglichkeiten gibt es in der Bodenstedtstraße in Altona. Was wohin verlagert, verengt und verdrängt wurde, finden Sie ausführlich im hinteren Teil dieses Heftes.
Vielleicht können die durch die Bauarbeiten zu erwartenden Beeinträchtigungen für Forschung und Lehre am Fachbereich zum Anlass genommen werden, unter pragmatischem Druck über den Medieneinsatz in den Wissenschaften nachzudenken. Vielleicht werden sie zum Anlass genommen werden müssen. Wir werden u.U. konfrontiert mit Fragen, die ich bei Jacques Derrida in eigentlich ganz anderem Zusammenhang gefunden habe. Sie stellen sich allerdings gewissermaßen von der anderen Seite her: „Wie wir wissen, führt diese neue technische »Stufe« der Virtualisierung (Datenverarbeitung, Digitalisierung, virtuell unmittelbares Weltweit-Werden der Lesbarkeit, Tele-Arbeit etc.) zu einer Destabilisierung des angestammten Raumes der Universität.“ – Das müssen wir im kommenden Semester andersherum denken: Die Destabilisierung der angestammten Räumlichkeiten des Fachbereichs führt zu einer neuen »Stufe« der Virtualisierung (‚Open Distance Learning‘ wird möglicherweise zu einem Muss). Zweifellos: „Sie [die Bauarbeiten] erschütter[n] die Topologie [der Universität], sie bring[en] ihre ganze Ortsverteilung durcheinander […] ebenso wie die Orte der akademischen Diskussion, den Kampfplatz*, das battlefield theoretischer Auseinandersetzungen – und die gemeinschaftsstiftenden Struktur ihres »Campus«. […] Wo ließen sich [im Wintersemester] der gemeinschaftliche Ort und der soziale Zusammenhalt eines Campus noch ausmachen ?“.
Wenn die Umbauarbeiten abgeschlossen sind, dann können wir über diese Fragen noch einmal richtig herum nachdenken. Zur Vorbereitung empfiehlt sich einstweilen: Derrida, Jacques: Die unbedingte Universität, Frankfurt/ M: Suhrkamp 2001 [25f.]
Ein erfolgreiches Semester – trotzdem – wünscht
Torsten Meyer