Database as Symbolic Form

Editorial des KVV Medien&Bildung für das Wintersemester 2004
Seit einiger Zeit wird hier darüber spekuliert, was das spezifisch Neue der seit einiger Zeit so genannten Neue Medien ist. Dabei wird notwendigerweise nebenbei auch darüber spekuliert, was überhaupt ein Medium ist.
Wir hatten es metaphorisch mit Pfeifen, Tellern, Flaschen, Fischen, Werkzeugen versucht, wir dachten über Zeichen, Symbole nach (auch anlässlich der ‚Fremdaktivitäten‘ in unserem Hauptgebäude), wir dachten über Behälter und Gefäße nach (weil ein Tennisspieler Ende der 1990er Jahre im Fernsehen behauptete, ‚drin‘ zu sein im Internet und folglich das Internet wohl eine Art Behälter sein muss, in dem etwas oder jemand drin sein kann).
Bislang waren wir zu der Erkenntnis gelangt, dass Neue Medien wohl im besonderen jene kommunikativen und kommunionalen Mittler sein müssten, die an die Steckdose angeschlossen werden müssen. Daraus ließe sich folgern, dass eine die Neuen Medien betreffende Medienkompetenz vor allem den sicheren Umgang mit dem Strom meint (und wenn man das zweideutig liest, dann trifft es wohl auch zu …). Dann stolperten wir über eine Behauptung von Lev Manovich, der in seinem Sampler ‚The Language of New Media‘ (Cambridge / London: MIT Press 2001) behauptete, die ‚Database‘ sei die ‚Symbolic Form of the computer age‘ und dann fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Ja, das Database-Prinzip: Totale Dekontextualisierung jeglicher Inhalte, Beliebigkeit der Ordnungskriterien, … Sinn on demand … anything goes.
Bei der Frage, wie denn die Database aufs Titelblatt kommen soll, half ein junger Bibliothekar der American Library Association 1876: Melville Dewey hatte damals nicht nur den Zettelkasten erfunden, der den gebundenen Bibliothekskatalog ersetzte, weil dessen Produktionszeit immer weniger kompatibel war mit der Geschwindigkeit von Neuanschaffungen. Er trieb auch auf anderer Ebene das voran, was hinter dem Wort ‚Globalisierung‘ bei genauerem Hinsehen steckt: Zunächst verzichtete er im Sinne einer Vereinfachung der englischen Rechtschreibung auf jeglichen kulturspezifischen Schnickschnack und somit auf das überflüssige ‚le‘ in seinem Vornamen, vier Jahre später schreibt er auch seinen Nachnamen nur noch in Lautschrift: Melvil Dui. Vgl. – vielleicht als parallel erhellende Semesterlektüre – Krajewski, Markus: Zettelwirtschaft. Berlin: Kadmos 2002.
Frohes Wintersemester & Nicht verzetteln!!
Torsten Meyer

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